In Tagen der Sorgfalt

Paul Ignaz Vogel

 

Emil Schneuwly, ein Bauernsohn, hat als Typograf zeitlebens Schrift gesetzt. Und nebenbei Gedichte und Poesien geschrieben. Präzise, bedacht und talentiert berichtet sein Erstling „In Tagen der Sorgfalt“ von seiner Zuwendung zur Natur und zu Menschen. Der Autor fühlt sich zwischen dem agrarischen und dem handwerklich-industriellen Sektor hin- und hergezogen.  

 

Emil Schneuwly erinnert sich im Text „Glanz der Jugend“ an seine Kindheit. An damals, als Kühe gemolken wurden, Melkfett an den Fingern war. Die Kinder im Garten Blumen pflückten, diese auf den Mittagstisch stellten. An das üppige Gemüse, die Früchte und Beeren, die “klammerten sich an die Sträucher und klebten in den Büschen. Amen.“ Und der Autor ergänzt: „Gewidmet den Trauernden, den von Leid Geprüften und jenen, die von Krankheit nicht verschont blieben, all jenen, die uns verlassen haben und uns fehlen.“ Im „Auge des Tages“ heisst es dann: „Stille Tage sind Tage der Sorgfalt./ An diesen berühre einen Engel, / sei nie fordernd, bleib lautlos, / schlicht, und das Glück sei dir hold.“

 

Von Beruf Typograf

 

So ist Emil erwachsen geworden. Aus dem Bauernsohn entfaltete sich später ein Typograf. Ein exakt arbeitender Schriftsetzer. Der Bleisatz war seit Gutenberg die übliche Handhabe zur Gestaltung einer Schrift, wenn nicht von Hand geschrieben wurde. Dazu sagt Emil in den Freiburger Nachrichten (23. 05. 2017): „Wenn du als Schriftsetzer arbeitest, als Grafiker, wenn du eine Kuh melkst, ein Schäflein streichelst – dann sollte das immer sorgfältig geschehen.“

 

Nach einer langen Berufstätigkeit im Druckereigewerbe zog es Emil wieder zur Sömmerung von Viehherden auf Alpen. Er wurde Hirte. In seinen Texten finden sich sehr passende Passagen über diese direkte Begegnung mit der Natur. Sie sind in Sabbat-Jahren entstanden, nachdem sich Emil temporär aus dem typografischen Berufsleben zurückgezogen hatte.

 

Sömmerungshirte

 

In der Prosa „Ein Einleben auf der Alp Anger“ heisst es denn: „Ein Einleben in der Bergwelt, eine Hütte mit Stall und Heubühne, massiv. Die Weiden durchschreitend, auf denen ich Hirte bin, merke ich beruhigende Gefühle, erst noch nach dem Beobachten der Tiere, das gegenseitige Sich-kennen-Lernen, die gute Kuh, die nach meinem Lockruf am Morgen zum Melken ihre Zitzen strafft.“ In seinen „Gedanken zum Alp-Abschied“ schreibt Emil: „Die Alp, die feine Sömmerung fand in meinem ganzen Herzen Platz. Was ich anfänglich als Naivling unterschätzte: Die Kraft der Natur in deren Vielfalt, die Gewalt von Blitz, Donner und Wolkenbruch, die intensive Verbindung von Kreatur und Gewächs, der kurze Weg vom Empfinden zum Fühlbaren, flugs erfüllte sich, was noch ein Wunsch war, zum handfesten Bildnis, den Traum von der Wirklichkeit trennten Sekunden.“

 

Emotionen, Heimat, Liebe

 

Sehr sensibel geht Emil durch unsere Welt. Durch seine Welt. Und schreibt von Emotionen, Liebe, Sehnsucht. Sitzt an der Aare und schwimmt quasi mit im Fluss –„ Das ist der Mittelpunkt der Welt, ein Tag im Glanze und vis-à-vis liegt Belp, Altreu, Walliswil oder Schönenwerd, unwichtig, Hauptsache, die Aare fliesst und zwischen den lustigen Wolken lacht immer wieder die Sonne, erhellt, bestrahlt mein Vater-und Mutterland.“

 

Mit Poesie erlebt Emil sein Dasein. Im Gedicht „Leuchtender Stern“ taucht er ganz tief in die Gefühle ab: „Weiss einen leuchtenden Stern / in fernen Herzen./ Zwischen ihm und mir / summen Bienen noch / und flirrendes Licht / liegt überm See / und es irren Erdfalten / durch Gartenbeete. / Fast immer streift / ein leiser Wind das Blattwerk / in den Baumkronen. / Es fallen Worte der Liebe / im Schreiben mit blauer Tinte, / und die Gedanken bleiben.“

 

Globalisierung garstig erlebt

 

Emil besass stets den Realitätssinn eines Bauern, und daher engagierte er sich auch in seiner Gewerkschaft. Er war Genossenschafter im „Widerdruck“, eines kleines grafischen Zentrums in Bern. Als dieses unter anderem wegen der Rasanz des technischen Fortschrittes (Internet) den Betrieb einstellte, drohte die Garstigkeit des Daseins. http://www.haelfte.ch/index.php/newsletter-reader/items/Widerdruck.html

 

Eine neue grosse, noch nie erlebte und bisher nicht erfasste Leere folgte für Emil. Er umschreibt sie im Text „Schweres Los“ so: „Schicksal, ein Signum, eingeprägt, schulterschwer, / das des Sündenbocks, das des Versagers und Verlierers. / Zeigst dich weniger in Gassen, zum Spassen in der Beiz, / stigmatisiert verweilst du zuhaus‘ – das Glas ist halbleer. / Verschwindet das Selbstvertrauen, ist rar der Anreiz.“ 

Schliesslich findet Emil eine späte Bestätigung seiner hochqualifizierten Berufsarbeit. Er hilft mit beim Aufbau des Buchdruckateliers im Gutenbergmuseum in Fribourg. Und erklärt bis heute die Schwarze Kunst bei Führungen für Schulen und Vereine. Voranmeldungen sind nötig unter: 

 http://www.gutenbergmuseum.ch/oeffnungpreise/oeffnungszeiten/

 

 

Erschienen im Frühling 2017 im Eigenverlag. Preis Fr. 35.-.

Zu beziehen bei:

Emil Schneuwly, Dorfstrasse 1, 3184 Wünnewil

Tel. 079 214 74 79

eMail: e.schneuwly@hispeed.ch

 

 

(PIV, 30.05.2017)